Ilja Stephan Musikpublizist

Themen

Komponisten

Interpreten

Ostasien

Hamburg

Bobby McFerrin - Botschaft des Glaubens
in: Hamburger Abendblatt, 16.07.2014

Nein, er sang ihn auch dieses Mal nicht. Seinen Hit „Don’t Worry, Be Happy“ hat Bobby McFerrin schon seit geraumer Zeit aus seinen Konzertprogrammen verbannt; davon machte der Stimmakrobat auch bei seinem Gastspiel in der Laeiszhalle am Montagabend keine Ausnahme. Die frohe Botschaft stand gleichwohl im Zentrum des Konzerts; in seinem neuen Programm „SpiritYouAll“ singt Bobby McFerrin Lieder des Glaubens in allen erdenklichen Stilen.

Wer noch immer die Bilder vom tiefenentspannten Bobby McFerrin im weißen Smoking aus seinem Musikvideo zu „Don’t Worry“ im Kopf hat, der erschreckt im ersten Moment, wie körperlich müde der 64-Jährige heute auf der Bühne wirkt. Seiner großartigen Vokalkunst tut dies Gott sei Dank keinen Abbruch. Es ist noch alles da: der unglaubliche Umfang und Farbenreichtum seiner Stimme, der rhythmische Spieltrieb, und ab und an auch das Lächeln. So virtuos wechselte die vokale Ein-Mann-Band bei ihren Solo-Improvisationen zwischen den Registern und Klangfarben, dass man mitunter überrascht aufhorchte, ob da nicht doch ein Kollege kurz ein fill in oder eine Basslinie mitgespielt hatte, doch es war alles McFerrin solo. Er ist und bleibt der einzige, der mehrkanalig singen kann.

Den Kern von McFerrins Programm bildeten Spirituals wie „Joshua Fought the Battle of Jericho“ oder „He’s Got the Whole World in His Hand“, doch die musikalische Grundidee von „SpiritYouAll“ ist offenbar die Vielfalt. Da gab es rockige Töne zu hören, Jazz, Latin, entspannt Swingendes, Country und Balladen.

So vielfältig die Stile waren, die Botschaft blieb zumeist dieselbe. Am eindrucksvollsten vielleicht in McFerrins Eigenkomposition „25:15“; zu den Worten des 25. Psalms hat der Sänger einen erdigen, urwüchsigen Blues gesetzt. Und wenn man je eine „blue note“ gehört hat, dann hier. Mit jeder Erwähnung der „Falle“, aus der der Herr den Glaubenden erretten wird, zelebrierten McFerrin und seine exzellente Band den schmerzlichen Ton, hielten ihn aus, ließen die Intonation gleiten, bis einem schon vom Zuhören die Luft ausging und jeder Sinn fürs tonale Fundament schwand, um sich dann endlich in den erlösenden Akkord fallen zu lassen.

So hinterließen gerade die besinnlichen Töne den stärksten Eindruck im Konzert von Mr. „Be Happy“, und fast war man erleichtert, dass er zu guter Letzt nach Dylans „I Shall Be Released“ noch eine virtuose Scat-Improvisation dazugab. Da war er dann wieder, der Bobby McFerrin, wie wir ihn zu kennen meinten.