Ilja Stephan Musikpublizist

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Peter Schwenkow - "Ich habe nichts gegen Haie"
erschienen in: Die Welt, Hamburg-Teil, 11.9.2007

Seit Ende 2006 ist die Deutsche Entertainment AG mit ihrer Tochterfirma River Concerts auf dem Hamburger Veranstaltungsmarkt vertreten. Die DEAG Holding ist mit einem Jahresumsatz von 82,3 Mio EUR (2006) eine der größten Veranstaltungsfirmen Europas. Für DIE WELT sprach Ilja Stephan mit dem Vorstandsvorsitzenden Peter Schwenkow.

Auf welchen Feldern (Klassik, Jazz, Rock-Pop) soll River Concerts aktiv werden?
Schwenkow: Rock-Pop und Klassik. In dieser Reihenfolge. Wir wollen im Rock-Pop-Bereich in jedem Fall nicht in einen Wettbewerb mit existierenden Veranstaltern eintreten. Denn Wettbewerb heißt immer auch Wettbewerbskonditionen; und die Margen im Rock-Pop-Bereich sind ohnehin gering genug. Im Klassik-Bereich ist es sicher anders. DEAG Classic hat sich als Tourneeveranstalter für Klassik eindeutig die Marktführerschaft erarbeitet, und wir werden natürlich alle Konzerte, die wir nach Hamburg geben können, über River Concerts veranstalten. Vielleicht noch mal in Kooperation mit anderen Veranstalter - Hans Werner Funke geht ja jetzt in Rente.

Zum Portfolio Ihrer Deutschen Entertainment AG gehören u.a. André Rieu und eine Operettennacht. Wollen Sie in Hamburg leichte Muse anbieten, oder sich als Veranstalter im Hochkulturbereich profilieren.
Schwenkow: Wir werden am 14. September über 15 Tourneen bekannt geben. Ich denke, unser Anspruch kann sich sehen lassen. [Zum Portfolio der DEAG gehören u.a. Anna Netrebko, Lang Lang, Jewgenji Kissin, Sarah Chang, Diana Damrau, Elina Granca, Hilary Hahn, Dmitri Horostovsky, Jonas Kaufmann; Anm. der Redaktion]

Hamburgs größter privater Klassikveranstalter Funke war bisher hier Ihr Partner; in Zukunft werden sie Konkurrenten sein?
Schwenkow: Das sehen wir nicht so verbissen. Bis die Elbphilharmonie eröffnet ist, ist Hamburg im nationalen Vergleich ein gehandicapter Markt. Sie haben in der Laeiszhalle eine Kapazität, die man heutzutage gar nicht mehr bespielen kann, weil es nicht mehr als 1100 anständige Plätze gibt, die man auch verkaufen kann. Das kann man z.T. durch höhere Eintrittspreise in Hamburg kompensieren, aber solange die Elbphilharmonie nicht da ist - und für die bringen wir uns mit River Concerts natürlich in Stellung -, wird man bei der einen oder anderen Veranstaltung kooperieren.

Hamburg möchte "Musikmetropole" werden, wo sehen Sie Hamburg im nationalen Vergleich?
Schwenkow:  Im Rock-Pop-Bereich ist Hamburg sensationell aufgestellt, z.B. mit der inzwischen 30. Saison von Karsten Jahnke im Stadtpark, da kann man wirklich alles sehen, was man will. Die Color-Line-Arena hat das ihrige getan. Im Klassik-Bereich ist es so, dass die Kapazität der schönen Laeiszhalle so gering ist, dass Hamburg nicht wie Berlin, Köln oder München in der ersten Reihe steht. Deshalb gibt es ja eine Elbphilharmonie. Wie der Intendant mit dem Thema der Bespielung umgeht, das werden wir in den nächsten Wochen und Monaten versuchen, genauer herauszufinden.

Hamburg hat kein eigenes großes Festival und der Generalintendant Christoph Lieben-Seutter hat sich mit der Bemerkung, es gäbe hier kein 1a-Orchester, viel Ärger eingehandelt.
Schwenkow:  Wenn wir uns die Hitparade der Orchester angucken, kommen da auf Platz 3 glaube ich die Berliner Philharmoniker, auf Platz 2 die Wiener und davor das Concertgebouworkest - ich weiß nicht, wann das erste große Hamburger Orchester kommt. München ist mit Orchestern sicher auch besser bestückt. Ein Festival gibt es, das ist das Schleswig-Holstein Musik Festival - die Frage ist doch, wie kann man Hamburg als Musikstadt nach vorne bringen mit einem Festival, das den Namen eines Nachbarlandes trägt? Ich würde dringend dafür plädieren, dass Hamburg versucht, mit denen zusammen in irgendeiner Form ein eigenes Festival zu etablieren.

Ein Konzern von der Größe der DEAG schürt auch Ängste. Die "Neue Musikzeitung" hat Sie mal einen "Musikhai" genannt. Was würden Sie dem entgegnen?
Schwenkow:  Danke für das Kompliment.

Sie sind der Leiter eines börsennotierten Unternehmens, dessen Geschäftsziel nicht künstlerische Werte, sondern Gewinnmaximierung und der Aktienkurs sind.
Schwenkow:  Ich habe die Möglichkeiten, mit dem Geld meiner Anleger Künstler wie Anna Netrebko aufzubauen, an die ich glaube, und deren Aufbau andere sich nicht leisten können. Ich kann in Kunst und Kultur investieren, ich muss allerdings die Perspektive haben, irgendwann einen return zu bekommen. Das ist die "Hai-Argumentation". Eine Gegenfrage: Glauben Sie, dass Lang Lang, Anna Netrebko, Edita Gruberova und viele andere mit uns arbeiten würden, wenn sie nicht das Vertrauen hätten, dass ich sorgfältig mit dem umgehe, was ihre Kunst ist, dass ich ein Stück weit helfe, es nach vorne zu bringen, und dass ich es nicht auch irgendwo mögen muss, um es überzeugend zu vertreten? Ich habe nach draußen nichts gegen den "Hai", weil ich nach drinnen weiß, dass es anders ist.